Hünxer Sozialdemokraten wollen Minderheitsregierung
In Berlin kamen die Sozialdemokraten zum drei-tägigen Bundesparteitag zusammen und diskutierten kontrovers den künftigen Weg ihrer Partei. Als Ergebnis werden die SPD nun ergebnisoffene Gespräche mit allen demokratischen Parteien im Bundestag über eine neue Regierung führen. Dabei gäbe es keinen Automatismus für eine Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten; allein die Kernanliegen des SPD-Wahlprogramms seien Richtschnur.
Vorort stellten sich auch die Hünxer Genossinnen und Genossen diese Frage. Kurz nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grüne nach dem plötzlichen Rückzug Christian Lindners befragte der Hünxer SPD-Vorsitzende Jan Scholte-Reh die Mitglieder per Mail und bat um ihre Meinung und Einschätzung. „Auch wenn es nicht repräsentativ ist, so war im positivsten Sinne über das große Feedback und die vielen sachlichen und nachdenklichen Statements überrascht“, freut sich der 30-jährige Parteichef in Hünxe. „Es zeigt, der weitere Weg unserer Partei geht allen Mitgliedern ‚unter die Haut‘; alle wollen das Beste für das Land und die SPD.“
So fragte Scholte-Reh die Mitglieder des Ortsvereines, wie es nach dem Jamaika-Aus nun weiter gehen könne und müsse. „Die Mehrheit der Teilnehmer sprach sich für eine geduldete Minderheitsregierung aus. In wichtigen Themenfeldern wie Haushalt, Europa oder Sicherheit sollten die demokratischen Parteien an einem Strang ziehen; darüber hinaus gäbe es wechselnde Themen-Mehrheiten“, meint Scholte-Reh. Trotzdem ist er skeptisch: „Ich glaube nicht, dass sich die Union und Frau Merkel darauf einlassen werden, obwohl eine Minderheitsregierung eine Sternstunde der parlamentarischen Demokratie sein könnte.“
Debatten im Bundestag würden dann nicht mehr als ritualisiertes Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition verlaufen. Stattdessen ginge es um das richtige Argument. Ferner könnten die Parteien und Fraktionen wieder ihr eigenes Profil und ihre Werte herausstellen. Trotzdem müssten sie miteinander reden und Lösungen finden, um neue Gesetze zu beschließen. So stünden alle Parteien in der Pflicht, zum Wohl des Landes zu handeln. „Wir haben nun ein Sieben-Parteien-Parlament; wir werden ohnehin neue Wege finden müssen. Bequeme Mehrheitskoalitionen mit wenigen Parteien sind künftig die Ausnahme und wir können nun wirklich nicht bis zum Ende aller Tage eine ‚GroKo‘ haben“, so Scholte-Reh.
Eine Neuauflage der Großen Koalition sähe die Mehrheit der Teilnehmer differenziert: „Viele sind skeptisch, aber nicht grundsätzlich dagegen. Die Situation ist jetzt eine andere als kurz nach der Wahl. Im Moment sehe ich jedoch keine Mehrheit für eine Fortsetzung. Dafür müssten schon klar erkennbare Fortschritte mit sozialer Handschrift in einem möglichen Koalitionsvertrag stehen, vor allem in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Rente, Bildung und Europa. Ein ‚Weiter-so‘ könnten viele nicht akzeptieren.“
Neuwahlen werden hingegen abgelehnt; diese dürften nur die letzte Möglichkeit sein. „Wir können nicht solange wählen, bis es passt. Das wäre blamabel für alle Parteien im Bundestag.“ Deswegen müsse man in jedem Fall ergebnisoffen mit allen Parteien sprechen. Die Sozialdemokraten müssten dabei ihre Werte und Inhalte herausstellen und zeigen, wofür sie stehen. Auf diese Weise könne man etwas für die Menschen im Land erreichen. Einig waren sich alle darin: „Wir sollten uns von Niemanden treiben lassen. Die SPD hat in 154 Jahren immer wieder Verantwortung für Deutschland und Europa übernommen. Daran braucht man sie nicht zu erinnern. Der Ball liegt im Spielfeld der anderen“, erklärt er. Am Ende werden alle 443.000 Mitglieder in einer Abstimmung über eine neue Koalition entscheiden. Auch in Hünxe werde man sich weiterhin damit beschäftigen. „Sobald sich abzeichnet, wie es in Berlin weitergeht, werden wir dazu eine offene Mitgliederversammlung machen“, verspricht der Vorsitzende.