Weil von Applaus niemand leben kann [#klartext]
In unserem neuesten #Klartext schreibt unser Vorsitzender Jan Scholte-Reh darüber, warum der Tag der Arbeiterbewegung im Jahr 2021 weiterhin brandaktuell ist – und worauf sich unsere SPD besinnen muss.
Laut einer Umfrage will jede dritte Pflegekraft auf der Intensivstation kündigen. Wer könnte es ihnen verübeln? Was dort geleistet wird, ist mit nichts auf der Welt aufzuwiegen. Manche sind am Ende. Die Arbeitsverhältnisse fordern sie weit über ihre Grenzen. Die nötige Verstärkung bleibt aus. Die Jobs sind zu unattraktiv. Es gibt zu wenig Geld in der betrieblichen Kosten-Nutzen-Rechnung unseres Gesundheitssystem. Und doch machen sie weiter, zumindest bis zum Ende der Pandemie. Aus Überzeugung. Sie sind die stillen Helden des Alltags. In Corona mehr denn je. Ich erwähne sie als prominentes Beispiel, denn mehr als in allen Vorjahren hat diese Pandemie die Schwächen des Systems freigelegt.
Es gibt aber mehr Berufsgruppen, die schon vor und noch lange nach Corona systemrelevant für unsere Gemeinschaft sind: Erzieher*innen, Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte, Lehrer*innen, Behindertenhilfe, Seelsorger*innen, Verkäufer*innen im Lebensmittel- und Alltagsbereich, Postangestellte, in der Abfallwirtschaft … Sie alle halten unser Land am Laufen. Selbst an Weihnachten. Selbst in Corona-Zeiten. Aller Applaus ist zwar nett gemeint, aber „nett“ bezahlt keine Rechnungen, ermöglicht keinen bescheidenen Luxus.
Heute ist der internationale Tag der Arbeiterbewegung. Meine SPD ist seit 1863 etwas in die Jahre gekommen. Sie hat in der ganzen Zeit aber viel für die arbeitenden Menschen erreicht. Manche Fehler hat sie auch gemacht, worunter sie noch heute leidet. Fehler, die sie korrigiert. Die Sozialdemokratie bleibt weiterhin die Partei der Arbeitenden und Leistungsträger*innen in unserer Gesellschaft. Für diejenigen, die sich durch Arbeit, Bildung und Mut eine Perspektive im Leben erschaffen. Und sie ist die Partei derjenigen, die sich nicht selbst helfen können und/oder in den prekären Verhältnissen leben und arbeiten. Vier Millionen Menschen in Deutschland befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen. Wir müssen als SPD weiter dafür kämpfen, dass auch Paketboten, Leih- und Werksarbeiter, Verkäuferinnen oder Nachtpförtner eine gerechte Bezahlung und vor allem sichere Arbeitsverhältnisse bekommen.