Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Horst Meyer am 2. März 2022 (Wortlaut)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Buschmann,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen,
liebe Hünxerinnen und Hünxer,
„Gemeinsam durch die Krise“ mit diesen Worten möchte ich meine Rede beginnen. Dies betrifft nicht nur die schon im 2. Jahr andauernde Pandemie, sondern auch die besonderen Herausforderungen, denen sich die Gemeinde Hünxe stellen muss. Die Aufstellung eines gemeindlichen Haushalts unter diesen äußert schwierigen Bedingungen stellt eine besondere Hausausforderung für alle dar.
Vor welchen Herausforderungen und Investitionen stehen wir:
Aktuell der Krieg in der Ukraine. Niemand kann die Auswirkungen auf Europa und damit auch auf Hünxe absehen. Wir müssen mit zahlreichen Menschen und Familien rechnen, die aus den Kriegsgebieten nach Deutschland fliehen. Schon jetzt benötigen wir dringend und zeitnah weitere Unterkünfte für Asylsuchende, um die bestehenden Aufnahmeverpflichtungen decken zu können. Es müssen bestehende Unterkünfte erweitert und neue geschaffen werden.
Bedarf an neuen Kita-Plätzen: Um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz insbesondere im Bereich der über Dreijährigen (Ü3) abdecken zu können, reichen die bestehenden Einrichtungen trotz Überbelegung nicht aus. Erweiterungen bestehender Kitas sind zwingend notwendig. Auch der Bau eines komplett neuen Kindergartens steht im Raum.
Wohnungsmarkt: Der Wohnungsmarkt bleibt eines der zentralen Themen für unsere Gemeinde. Es wird weiterhin dringend bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit bescheidenen materiellen Möglichkeiten benötigt.
Wohnqualität: Genauso wichtig wie bezahlbarer Wohnraum, ist der Erhalt unserer Grün- und Freizeitflächen in allen Ortssteilen. Sie tragen zur Attraktivität unserer Gemeinde bei und machen unseren Ort lebens- und liebenswert.
Digitalisierung: Es muss intensiv an der Digitalisierung weitergearbeitet werden, damit ein Output für digitale Prozesse und Produkte der Verwaltung und mehr Angebote für Bürger entstehen. Ein notwendiger weiterer Ausbau verbessert nicht nur die digitale Ausstattung unserer Einrichtungen und Schulen sondern auch eine verbesserte digitale Versorgungslage vieler Hünxer Haushalte und Unternehmen.
Klimaschutz, Klimawandel und die Bewältigung der Folgen: Die Hochwasserkatastrophe im Sommer letzten Jahres hat uns vor Augen geführt, wie verletzlich wir alle gegenüber einer entfesselten Natur sind. Auch im Jahr 2022 wollen wir richtige, nachhaltige und aktive Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg bringen. Daher haben wir uns auch dafür ausgesprochen, die Stelle des ausgeschiedenen Klimaschutzbeauftragten schnellstens wieder zu besetzen.
Umsetzung Konzept „Hünxe 2030“: Nach Abschluss der Planungen für die Neugestaltung des Ortskern Hünxe und der Sport- und Freizeitfläche in Bruckhausen befinden wir uns z. Zt. im Ausschreibungsprozess.
Neubau Schule und Sporthalle: Nach dem Schulentwicklungsplan ist der Schulstandort Hünxe zu erweitern. Dies bedeutet den Neubau eines Schulgebäudes und einer Sporthalle und eine Investition von mehreren Millionen.
Fehlende Gewerbeflächen: Dringend benötigte Gewerbeflächen für kleine Betriebe stehen trotz entsprechender Nachfrage nicht zur Verfügung.
Umsetzung des Wegekonzeptes: Hier stehen weiterhin zahlreiche Ertüchtigungs- und Ausbaumaßnahmen an diversen Straßen und Wegen unserer Gemeinde an, um deren Substanz zu erhalten.
ÖBNV / Mobilität: Ein ortsnaher, gescheit getakteter und bezahlbarer ÖPNV und Alternativen zur derzeitigen Mobilität werden vermutlich der Gemeinde mehr kosten.
Diese Aufzählungen zeigen, das sich in unserer Gemeinde viel bewegt und auch trotz der wirtschaftlichen schwierigen Zeiten, der Mut für Investitionen und der Blick für Erneuerungen bestehen.
Eine „schwarze Null“ in einem Haushalt zu schreiben, der zu 80% – 85% fremdgesteuert ist, ist zu Pandemiezeiten mit den bereits genannten Herausforderungen (fast) nicht möglich. Umso erfreulicher ist, dass der Jahresabschluss für das Jahr 2021, trotz der seinerseits schon schwierigen pandemischen Lage deutlich besser als erwartet ausgefallen ist. Dies liegt u. a. auch daran, dass das NKF erlaubt, durch Abschreibungen gewisse Kosten zu strecken – oder sogar „wegzubügeln“: So hat das Land NRW durch eine Bilanzierungshilfe im „NKF-Covid-19-Isoloierungsgesetz“ erlaubt, die coronabedingten Belastungen ergebnisneutral zu isolieren. Die Corona-Schäden dürfen also so aus dem Haushalt abgetrennt werden, dass sie die Ergebnisrechnung nicht belasten. Die Gemeinden errichten hierfür eine Art Schattenhaushalt, in den sie alle Coronaschäden abschieben. Im Jahr 2020 und 2021 konnten so für die Gemeinde Hünxe rund € 5,4 Mio. neutralisiert werden. Im Haushaltsentwurf Jahr 2022 werden so über ca. € 1 Mio. an pandemiebedingter Haushaltsbelastung weggedrückt. Unter dem Strich fehlt der Gemeinde Hünxe durch die Covid-Pandemie bis Ende 2022 ein Betrag, der sich langsam, aber sicher der € 6,5 Mio. Marke nähert.
Da der Kreis Wesel im Rahmen seiner Aufstellung des Kreis-Etats ebenfalls diese Mittel der „Neutralisierung“ nutzen darf, werden die beim Kreis ebenso aufgelaufenen Belastungen bzw. coronabedingten Schäden und Ausfälle auch nicht im Rahmen der Kreisumlage an die Gemeinde Hünxe weitergegeben; diese Beträge sind ebenfalls gedanklich dem Haushalt hinzuzurechnen.
Bei allen Ausgaben und Investitionen wissen wir, dass wir dafür möglichst stabile Einnahmen benötigen. Diese werden sich lt. Prognose an der Einkommensteuer im Vergleich zu 2021 reduzieren. Die Kreisumlage wird steigen, während eine sichere Prognose im Bereich der Gewerbesteuer auch 2022 kaum möglich ist.
Wir unterstützen alle geplanten und künftigen Maßnahmen und sind dafür die erforderlichen Mittel im Haushalt 2022 und der Mittelfristplanung bereitzustellen. Es soll und muss auf mögliche Fördermaßnahmen für die Projekte geachtet und deren Beantragung vorgenommen werden. Hier haben wir volles Vertrauen in die Verwaltung.
Zusammenfassend lassen sich im Haushaltsplan 2022 einige Punkte zur Kosteneinsparung finden. Wir hoffen hier auf das gemeinsame verantwortliche Handeln von Bürgermeister, Kämmerer und Rat, diese aufzuzeigen und mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl anzupacken.
Für diesen Haushalt haben wir bewusst keine zusätzlichen Anträge gestellt, da wir das Problem des nicht ausgeglichenen Haushalts sehen und lieber vorsichtig bleiben wollen. Gerade die aktuelle Entwicklung der Pandemie und die kriegerische Auseinandersetzung in Europa zeigt, wie unberechenbar das Virus und die Weltwirtschaft ist.
Auch im Jahr 2022 sprechen wir daher wieder über einen Haushalt der „Glaskugel“, der unter den gegebenen Bedingungen keine wirkliche Prognose zulässt und in dem sich im Jahresverlauf viele Unwegsamkeiten bereithalten können.
Fehlendes Personal wurde durch erhöhten Einsatz der Bediensteten in allen Bereichen aufgefangen, hierfür gilt allen unser ganz besonderer Dank.
Fazit: „Gemeinsam durch die Krise“? Ja!
Mit roten, schwarzen, grünen, gelben und orangen Ideen!
Die SPD-Fraktion wird den vorgelegten Haushalts- und Stellenplan 2022 mittragen und dem Haushaltsentwurf zustimmen.
gez. Horst Meyer