Gemeindefinanzen: Droht Hünxe bald die Haushaltssicherung?
Die Hünxer Politik diskutiert über das Defizit von rund 3,25 Mio. Euro in dem vom Kämmerer Michael Häsel vorgelegten Haushaltsplanentwurf 2024. So könnte der Gemeinde ein erneutes Haushaltsicherungskonzept, drohen wenn das Minus in den nächsten Jahren nicht ausgeglichen werden kann. Die Hünxer Sozialdemokraten berieten über die Gemeindefinanzen und Prioritäten für die kommenden Jahre. Dazu erklären SPD-Fraktionschef Horst Meyer und der stellv. Bürgermeister Jan Scholte-Reh:
„Angesichts der Haushaltssituation müssen wir bei den Gemeindefinanzen auf Sicht fahren und maßvoll haushalten. So müssen wir unsere Ausgaben hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Nachhaltigkeit für unsere Zukunft priorisieren. Steuererhöhungen müssen vermieden werden, um die Familien in unserer Gemeinde nicht noch mehr zu belasten. Die Menschen in Hünxe erwarten, dass Politik und Verwaltung ihre Hausaufgaben machen. Unser Fokus liegt auf moderne Schulen, ausreichend Kita- und OGS-Plätze, die Schaffung von Wohnraum, Feuerwehr, Katastrophen-Resilienz, intakte Infrastrukturen und funktionierende Dienstleistungen, Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandort Bucholtwelmen und eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende in unserer Gemeinde.“
Defizit und Schuldenentwicklung
„Gegenüber unseren Nachbarkommunen stehen wir vergleichsweise noch gut da. Durch positive Abschlüsse dank Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer in den vergangenen Jahren können wir das aktuelle vom Kämmerer dargestellte Defizit von 3,25 Mio. Euro durch unsere Rücklagen abfedern. Auf diese Mehreinnahmen können wir uns in wirtschaftlich turbulenten Zeiten jedoch nicht verlassen. Bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Kosten (bei der Erfüllung unserer Pflichtaufgaben und durch Unterhalt von Personal und Infrastruktur) werden wir unsere Rücklage in den nächsten Jahren aufbrauchen. Dann droht uns erneut ein Haushaltssicherungskonzept“, erklärt Meyer die Situation.
„Gleichzeitig wollen und müssen wir unsere Infrastruktur an vielen Stellen sanieren und modernisieren sowie in wichtige Zukunftsprojekte investieren, um als Kommune handlungsfähig und als Standort attraktiv für Menschen und Firmen zu sein“, so Scholte-Reh. So steige die Verschuldung der Gemeinde durch enorme Kreditaufnahmen in den nächsten Jahren auf Rekordwerte. Mit der geplanten Kreditaufnahme in Höhe von 40,5 Mio. Euro bis 2027 bedeutet dies eine Verdreifachung des Schuldenstands auf fast 55 Mio. Euro.
Allen Kommunen fehlt Geld
Defizit und Kreditaufnahme seien zu einem großen Teil der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen durch die Landesregierung geschuldet, die laut Landesverfassung für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen zu sorgen habe. Tatsächlich sei der Anteil der Kommunen am gesamten Steueraufkommen im deutschen Föderalismus in den vergangenen 30 Jahren von einst 40 auf mittlerweile 23 Prozent gesunken. „Gleichzeitig werden immer mehr Pflichtaufgaben und Lasten durch Düsseldorf und Berlin an die Kommunen durchgereicht, ohne dass die dafür nötigen Mittel eins zu eins zur Verfügung gestellt werden. Land und Bund müssen sich endlich an das Konnexitätsprinzip halten: Wer bestellt, der muss bezahlen. Die Kommunen brauchen mehr Geld. Pflichtaufgaben und Unterhalt überschreiten unsere Einnahmen“, mahnen die beiden Sozialdemokraten Schwarz-Grün in Düsseldorf und die Ampel in Berlin. Doch obwohl über 350 Bürgermeister in einem überparteilichen Brandbrief an die Landesregierung vor einem Finanzkollaps der Kommunen warnten, bleibe Düsseldorf tatenlos. „Wenn die Kommunen zunächst ihre freiwilligen Aufgaben einschränken müssen, die für den sozialen Zusammenhalt und das gemeinschaftliche Leben in unseren Dörfern wichtig sind, und dann sogar die eigenen Pflichtaufgaben nur noch teilweise ausführen können, leidet darunter das Vertrauen und die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Denn das betrifft das eigene Lebensumfeld vor Ort ganz entscheidend“, sind Meyer und Scholte-Reh besorgt.
Konsequenzen für die Hünxer Politik: Investitionen müssen auf den Prüfstand
Angesichts der angespannten Finanzlage betont Meyer die Notwendigkeit, die Gemeindefinanzen zu stabilisieren. Zum einen erwarte die Hünxer SPD Vorschläge vom Kämmerer für eine langfristige Haushaltsentwicklung, zum anderen müsse sich die Hünxer Politik über Einsparungen der Vielzahl an Projekten beraten und Entscheidungen treffen. „Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und weitere Einsparpotenziale generieren. Steuererhöhungen sind unbedingt zu vermeiden, da die meisten Familien bereits Vielfachbelastungen durch Teuerungen im Alltag schultern müssen. Wir brauchen jetzt eine ganzheitliche Investitionsstrategie: Alle Projekte müssen auf den Prüfstand und priorisiert werden. Es wird ein schwieriger Balanceakt zwischen notwendigen Einsparungen und der Aufrechterhaltung wichtiger Zukunftsprojekte der Gemeinde. Darüber werden wir mit unseren politischen Partnern im Rat und der Verwaltung sprechen.“ Man müsse differenzieren, welche Projekte notwendig und welche „Luxus“ seien, welche so oder in einer abgespeckten Variante durchgeführt werden könnten und welche jetzt, später oder gar nicht in Angriff genommen werden könnten. Mit Blick auf manche Projekte gäbe es da Spielräume und grundsätzlich müsse über jedes Projekt gesprochen werden. „Zur Wahrheit gehört jedoch, dass die Gemeinde schon diverse Verpflichtungen eingegangen und Fördermittel in Anspruch genommen hat und ein Abbruch der Projekte für die Kommune sogar viel teurer werden kann. Hier bitten wir die Verwaltung um kurzfristige Prüfung“, so Meyer.
Wir in Hünxe: Prioritäten der SPD
„Höchste Priorität haben für uns die Bildung, Kinder und Familien in unseren Dörfern. Deswegen brauchen wir moderne Schulen als Lern- und Lebensort von Kindern und Jugendlichen in unserer Gemeinde. Unsere Gesamtschule in Hünxe ist eine Erfolgsgeschichte, auf die wir sehr stolz sind“, so Scholte-Reh. Doch ebenso sei die Schaffung von ausreichend Kita-Plätzen wichtig. Im Ü3-Bereich werden bereits alle Bedarfe gedeckt, doch im U3-Bereich gäbe es noch viel Luft nach oben. Die Kita im Brömmenkamp werde kommen und weitere Plätze schaffen. Weitere Möglichkeiten müssten geprüft werden. Die Übergangskita am Albertus-Magnus-Weg könne keine Dauerlösung sein. Doch auch in der Offenen Ganztagsschule (OGS) gäbe es noch viel zu tun. Hier gäbe es noch Kinder, die auf Wartelisten stehen. Da ab 2026 ein Rechtsanspruch für OGS-Plätze bestehe, seien die Gemeinde Hünxe, die OGS und die Diakonie für Lösungen im Gespräch, beruhigt Scholte-Reh wartende Eltern, die auf OGS-Plätze für ihre Kinder angewiesen sind.
In den kommenden Jahren stehen weitere Projekte zur Schaffung von Wohnraum an, insbesondere im Bereich „Heinrich-Heine-Weg und Waldweg“ in Bruckhausen würden für jeden Bedarf Angebote entstehen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung befürwortet die SPD einen zukunftsstarken Branchenmix. „Mit der Ansiedlung innovativer Wirtschaftszweige am Kooperationsstandort in Bucholtwelmen setzen auf Zukunft und Nachhaltigkeit. Damit machen wir uns unabhängiger von der Konjunktur und profitieren von den Transformationsprozessen in der europäischen Wirtschaft. Außerdem wird durch die künftige trimodale Anbindung (Straße, Schiene, Wasserwege) durch den geplanten Hafenbau unser Standort noch attraktiver“, so Scholte-Reh.
„Die Frauen und Männer unserer freiwilligen Gemeindefeuerwehr sind gut ausgebildet, leisten einen wichtigen Job und sorgen für unsere Sicherheit. Dies konnten wir nach den Starkregenereignissen Ende Dezember 2023 eindrucksvoll beim Hochwasser in Krudenburg sehen – übrigens in professioneller Zusammenarbeit mit dem kommunalen Bauhof. Deswegen kann die Feuerwehr auf die Unterstützung in der Politik zählen. Als SPD wollen wir nach dem Hochwasser darüber reden, was gut lief und wo aus Sicht der Feuerwehr noch Verbesserungsbedarf besteht, denn durch den Klimawandel werden solche Starkregenereignisse mehr werden“, meint Scholte-Reh.
Ebenso sollten trotz allem Sparzwang insbesondere das Ehrenamt und die Vereine, „als eine tragende Säule unserer Gemeinde nicht hintenüberfallen. Gerade in den letzten Jahren zeigte sich mit der Corona-Pandemie und anderen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie wichtig das Ehrenamt und unsere Vereinsstrukturen für unseren dörflichen Zusammenhalt sind“, sieht Scholte-Reh die freiwillige Vereinsarbeit in der ländlichen Flächengemeinde als eine Basis der Demokratie und Solidarität. Klar sei aber auch, dass die Gemeinde zunächst ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen habe.
Weitere Prioritäten liegen in der Situation von älteren Menschen und Pflegebedürftigen, der Sanierung kaputter Straßen, der Digitalisierung, der kommunalen Gestaltung der Energie- und Wärmewende sowie der Gründung der Bürgerenergiegenossenschaft als gemeinsames Projekt.